Der Kurator und Kunstwissenschaftler Peter Gorschlüter wird am 1. Juli neuer Direktor des Museum Folkwang in Essen. Er tritt damit für die nächsten acht Jahre die Nachfolge von Dr. Tobia Bezzola an, der zu Beginn des Jahres als Direktor ans Museo d’arte della Svizzera italiana nach Lugano wechselte.
Gorschlüter arbeitete von 2008 bis 2010 als Chefkurator an der Tate Liverpool, danach kam er als stellvertretender Direktor an das MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main. Ansehen erwarb er sich mit Ausstellungsprojekten der klassischen Moderne ebenso wie mit seinem Arbeitsschwerpunkt, der zeitgenössischen Kunst.
Die Folkwang-Idee von der Einheit von Leben und Kunst ist im 21. Jahrhundert aktueller denn je – stehen Sie dazu?
Ja, das ist richtig und trifft auch genau meine Ideen und Pläne für Essen. Ich setze auf den Folkwang-Gedanken und möchte die Vision des Museumsgründers Karl Ernst Osthaus ins Heute überführen. Ich will nicht in Schubladen oder Schulen denken, sondern wie Osthaus gattungs- und epochenübergreifend arbeiten. Dabei werden Teilhabe und Transparenz – zwei meiner wichtigsten Triebfedern sein, um Kunst und Leben zu einen. Es geht am Ende darum, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Das Museum Folkwang in Essen soll ein Ort des Austauschs unter Menschen aller Gesellschaftsschichten sein.
Kommen Sie mit konkreten Ausstellungsprojekten nach Essen?
Ich komme nicht nur als Museumsmanager nach Essen, sondern auch um inhaltliche Impulse zu geben. Die Programmplanung für dieses Jahr steht natürlich schon und Sie können sich auf die große Herbst-Ausstellung zum italienischen Realismo Magico oder die Kooperation mit der Ruhrtriennale im August freuen. Meine eigenen Initiativen und konkreten Projekte werden sich dann im Ausstellungsplan 2019 niederschlagen. Auch für das anstehende Jubiläumsjahr 2022 – 100 Jahre Museum Folkwang in Essen – existieren bereits erste Ideen. Ich will gezielt auf die Menschen zugehen und das Museum in die Stadt tragen.
Was halten Sie von populären Ausstellungs-Formaten?
Populäre Ausstellungsformate können Anreize bieten, um Menschen für Kunst zu begeistern. Allerdings denke ich, dass die Zeit der großen Blockbuster-Schauen heute tatsächlich vorbei ist. Die Ausrichtung eines Hauses auf ein einziges Kunstevent bindet viele Energien und Möglichkeiten für Kreativität. Mich interessieren Themen, die gesellschaftliche Fragestellungen aufwerfen, die uns als Menschen und Individuen betreffen.
Sehen Sie sich eher als Impulsgeber oder als Ausstellungsmacher?
Bisher habe ich in meiner Laufbahn immer versucht beides miteinander zu verbinden. Das Museum ist für mich nicht nur ein Ort des Ausstellens und Sammelns, auch die Herausforderungen der Digitalisierung, regionale und internationale Kooperationen mit anderen Institutionen zu schließen oder aktiv am Dialog mit der Stadtgesellschaft teilzuhaben stehen auf der Agenda.
Der Eintritt in die ständige Sammlung des Museum Folkwang ist frei. Ermöglicht wird dies durch eine großzügige Förderung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. Wird das auch nach Ablauf der Förderung im Jahre 2020 so bleiben?
Die Sammlung eines Kunstmuseums den Besucherinnen und Besuchern kostenfrei zu öffnen, ist in Deutschlands Museumslandschaft bislang einzigartig und macht derzeit Schule. Ich finde die Initiative der Krupp-Stiftung ganz wunderbar und werde mich gewiss dafür einsetzen, dass dieses großartige Angebot den Essener Bürgerinnen und Bürgern und den vielen Gästen der Stadt erhalten bleibt.
Museum Folkwang Museumsplatz 1, 45128 Essen | Mehr Info